OHRENGLÜCK : The Scriabin Code "Sehen : Hören" Rodenstein Records
Vor 100 Jahren starb der russische Musiker Alexander Skrjabin - ein gefeierter Klaviervirtuose, aber auch ein verstörend eigenwilliger Komponist. In seiner Musik suchte Skrjabin Fluchtlinien und Befreiungsschläge hinaus aus der gewohnten Harmonik, geleitet von synästhetischen, mystischen und theosophischen Visionen. Dass Skrjabins hochvirtuose Klaviermusik noch heute tonal originell und unverbraucht modern klingt, beweist die wunderbare Pianistin Asli Kiliç in sieben ausgewählten Solostücken - darunter sind vier von Skrjabins 24 Préludes op. 11 (1888-1896). Diese Originale bilden die atmosphärische Grundlage des Projekts „The Scriabin Code“, das sich der Klarinettist Martin Albrecht ausgedacht hat. Er nämlich übersetzt in sieben weiteren Stücken die musikalischen Prinzipien Skrjabins in neue Stilformen und Gefühlswelten, in minimalistische oder dramatische Kompositionen, die er mit seinem Jazzquartett improvisierend ausdeutet. Albrechts Quartettstücke tragen deutliche Titel wie „Hektik“, „Rausch“, „Hetzjagd“ oder „Nebel“. Zu entdecken gibt es darin wundersame musikalische Traumsequenzen, mal bedrohlich, meistens sanft, immer von einer schwebenden Vieldeutigkeit. Die Klarinette und Bassklarinette, diese magischen Instrumente, deren Töne oft wie aus weiter Ferne kommen, scheinen die romantische Rätselhaftigkeit von Skrjabins „Code“ hier noch zu vertiefen. Faszinierende Grenzgänge zwischen Vernunft, Vision, Klarheit und Abgrund. Musikalische Empfindungen zwischen Jazz, Schwärmerei, Klavier und Moderne.
Kulturkomplott/ CD Rezension "The Scriabin Code", 08.09.2015, Hans-Jürgen Schaal
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