Zwischen ewiger Liebe und vergeblicher Leidenschaft
Sirin und Asli Kilic boten eine Melange von Liedern und Klaviermusik
Zeit für die ganz großen und überwiegend romantischen Gefühle war amSonntagabend in der Alten Mälzerei. „Von ewiger Liebe“ überschrieben die Schwestern Sirin Kilic (Mezzospran) und Asli Kilic (Piano) ihr Konzert. Doch nicht nur Lieder wie jener Brahms Titelsong kamen zu Gehör. Auch Freunde der Klaviermusik kamen auf ihre Kosten.
„Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte“, war das passende Eröffnungsstück zu jenem Bäumchen wechsel dich Spiel nach Noten. Doch Mozart stand nicht nur für Melancholie. Er lieferte auch „Un moto di Gioia“, also Grund zur Freude. Und den „Zauberer“ besang Sirin Kilic mit solcher Empathie, dass man meinen könnte, sie sei ihm bereits persönlich begegnet.
Überhaupt kombinierte die Mezzosopranistin vortrefflich hohe gesangliche Kultur mit schauspielerischen Qualitäten. Bei der „Arietta Voi, che sapete“ aus „Le Nozze di Figaro“ gewann ihre Stimme noch an Intensität, Farbe und Prägnanz. Einen dramaturgisch geschickt aufgebauten Spannungsbogen bildete das Mozart „Quartett“. Romantik voller Verve bot Robert Schumanns „Widmung“ aus den Myrthen. Aus tiefen Lagen gelang Sirin Kilic der Aufstieg schwanengleich.
Frederic Chopins Barcarole Fis Dur op. 20 bot Asli Kilic die willkommene Gelegenheit, solistisch zu glänzen. Ihr Spiel gestaltete sie fließend und effizient, träumerisch und intellektuell, impulsiv doch beherrscht.
Weniger als Einladung für die bald folgende Pause war Richard Strauss’ Lied „Ach Lieb, ich muss nun scheiden“ zu verstehen. Eine Zeile wie „Es muss zu Herzen gehen“ verwies auf weitaus Melodramatischeres. Und so inszenierte das Duo auch ein Miniatur Drama. Voller Passion modellierte Sirin Kilic ihre Stimme bei „Ruhe meine Seele“, Das „R“ rollte sie mal leicht, mal gurrte sie es wie ein Täubchen. Zur Skulptur eines trauernden Engels mutierte die Sängerin bei Richard Wagners beiden „Wesendonck“ Liedern. Der Meister der „Zukunftsmusik“ sah „Träume“ und „Im Treibhaus“ als Studien zu Tristan und Isolde an. Das beständige und unerfüllt bleibende Verlangen war aber nicht nur Fiktion. Auch Wagners Muse, die eben falls verheiratete Mathilde Wesendonck, Dichterin der Verse, blieb unerreichbar.
Extrovertiert bis an den Rand einer exaltierten Körpersprache arbeitete sich Asli Kilic an sechs Klavierstücken von Johannes Brahms op. 118 ab. Gleichwohl setzte sie Brahmsche Gefühlswelten damit auch inhaltlich überzeugend in Szene. Obschon der Komponist – im Kontext der vergeblichen Bemühungen um Clara Schumann –geschrieben hatte: „Leidenschaften müssen bald vergehen, oder man muss sie vertreiben.“ Hohe
Emotionalität bestimmte zum Finale die „Handlung“. Drei Brahms Lieder, darunter „Von ewiger Liebe“, verdeutlichten noch einmal Sirin Kilics künstlerische Position. Mit „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ aus Robert Stolz’ „Favorit“ schwenkte die Zugabe ins Operettenfach. Schön, dass nicht einmal die Blumensträuße für die beiden Musikerinnen fehlten. Die beiden Schwestern Sirin (Mezzosopran) und Asli Kilic (Piano) verbindet die Liebe zur Romantik,
wie sie in der Alten Mälzerei unschwer unter Beweis stellten.
Rhein-Neckar-Zeitung, 19.12.2007, Peter Lahr
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